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Ii. Der Kreis Mülhausen,!
144,000 Einwohner. 626 □ km.
1. Mülhausen* (76,800 Einw.), in einer weiten
Ebene zwischen den Vogesen und dem Rhein, an der
Jll, dem Rhein-Rhone-Kanal und der Eisenbahn
von Straßburg nach Basel, ist die gewerbreichste
Stadt des Elsaß, in großem Aufschwünge begriffen.
Die hervorragendsten Gebäude sind: das im 16.
.Jahrhundert erbante Stadthaus, welches im Jahre 1846
verschönert wurde; die katholische Kirche, die protestan-
tische Kirche; die Synagoge; das neue Museum, das
Gewerbemuseum, das Garnisonslazarett und die großen
Fabrikgebäude. Nicht zu übersehen ist die Arbeiterstadt.
Die Gründung derselben durch den Bürgermeister
I. Dollsus fällt in das Jahr 1855. Sie zählt jetzt
über 1000 einstöckige und zweistöckige Häuser, in
denen die Arbeiter für einen mäßigen Zins wohnen,
durch dessen Zahlung sie nach einer Reihe von Jahren
Eigentümer derselben werden. Die Arbeiterstadt
umfaßt zugleich wohlthätige Einrichtungen, wie
Speisehans, Badeeinrichtung, Lesezimmer u. s. w.-
Man unterscheidet eine alte und eine neue Arbeiter-
stadt.
Die Stadt ist der Mittelpunkt der Industrie von
Elsaß-Lothringen und hat Baumwollspinnereien,
Maschinen-Webereien, Tuchfabriken, Werkstätten für
Maschinenbau, chemische Fabriken, Stärke- und Teig-
Warenfabriken u. s. w. Mülhausen treibt einen starken.
Handel mit Getreide, Wein, Quincaillerie- und
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hundert an Wurde sie die Residenz der Fürstbischöfe
von Straßburg. Die Stadt besitzt ein Gymnasium,
Landgericht, Garnison.
Das beachtenswerteste Gebäude der Stadt.ist der
ehemalige bischöfliche Palast oder das Schloß, welches
jetzt als -Kaserne dient.
Die Industrie von Zabern besteht in Bierbrauereien,
Gerbereien, einer Wachsfabrik, Buhdruckereien, einer
Fabrik landwirtschaftlicher Maschinen im nahen
Champagnerthale, einer Brillenschleiferei, Mühlen und
Ziegelbrennereien.
Zabern hat unstreitig die schönste Lage im Elsaß.
Die naheliegenden Berge, gekrönt von zahlreichen
Burgruinen (Hohbarr, Groß- und Klein-Geroldseck,
Greifenstein), gewähren die schönsten Aussichten.
An der sogenannten Zaberner Steige, eine früher,
als eine der ersten ihrer Art, viel bewunderte Ge-
birgsstraße, die von Zabern über die Vogesen nach
Pfalzburg (Lothringen) führt, liegt ein steiler Felsen
mit einer Grotte, welche man den „Karls-Sprung"
nennt, weil, nach der Volkssage, ein Prinz Karl von
Lothringen mit seinem Pferde über diesen Felsen
hinabgesprengt und unversehrt geblieben sein soll.
Beachtenswert siüd die Eisenbahn- und Kanalbauten
im engen Zornthal.
Nicht weit von dieser Stadt, auf dem'gebiete der-
Gemeinde M o n s w e i l e r (1530 Einw.), befindet sich
der Zornhof, ehemals eine Meierei, jetzt eine bedeu-
tende Eisenwaren-Manufaktur.
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Extrahierte Personennamen: Karl_von
Lothringen Karl
Kanalisirungs- und Eisenbahnprojekte in Centralamerika. 289
1848 an Nordamerika abtrat, nicht den Aufschwung und die unberechenbare Bedeutung gewinnen können, hätte nicht die Habsucht ihm so rasch die Hunderttausende von goldgierigen Menschen zugeführt, welche mit ihren Culturbedürfnissen doch die Civilisation in ihrem Gefolge hatten.
Es gehört ein hartes und verzweifeltes Geschlecht dazu, um ein im ganzen steriles Land zu colouisiren und den Boden für den Samen der Cultur vorzubereiten und es mußte ein so starker Antrieb, als er in der Gier nach dem glänzenden Golde liegt, vorhanden sein, damit diese „Goldgräber" einer ungeheuern Entfernung und den Beschwerden und Gefahren einer langen Reise trotzten.
Die Geschichte führt eben gar oft auf seltsamen Bahnen das menschliche Geschlecht vorwärts, und was dem Kurzsichtigen als ein Hereinbrechen der Barbarei erscheint, ist nur eine rasche Befruchtung des Bodens, aus welchem die Pflanze der Civilisation emporschießt. Von diesem Gesichtspunkt aus ist auch die Vergrößerung des nordamerikanischen Staats aufzufassen; er erfüllt damit nur eine weltgeschichtliche, eine civilisatorische Mission. Während die übrigen Freistaaten Amerika's der Schauplatz sich wiederholender Revolutionen und bürgerlicher Kämpfe, oder erbitterter Kriege gegen einander sind; während die Bevölkerung immer mehr degenerirt und in Faulheit, Unwissenheit und Nichtsnutzigkeit versunken, auf dem gesegnetsten Boden der Erde immer mehr verarmt, bringt der Nordamerikaner, wohin er vordringt, Gewerbfleiß, Kenntnisse, Ordnung der staatlichen Verhältnisse und den Segen bürgerlicher und individueller Freiheit. Man kann daher die Vergrößerung des nordamerikanischen Freistaats nicht als ein Uebel bezeichnen; die fremden Länder werden nicht in Besitz genommen aus Ehrgeiz, nicht um sie auszubeuten, sondern um sie der Cultur zu eröffnen. So war es auch eine Folge des Besitzes von Calisornien, daß Nordamerika eine Verkürzung des Weges dahin und die Herstellung einer leichteren Verbindung suchen mußte. Das Bedürfniß von Land- oder Wasserstraßen zwischen dem atlantischen und dem stillen Ocean war ein allgemeines, und es tauchten mehrere Projecte auf, im Gebiete von Mittelarnerika (Isthmus von Tehuantepec, Nicaraguasee, Landenge von Panama u. a.) eine solche Verbindung durch einen Kanal oder eine Eisenbahn zu ermöglichen. Aber diese Projecte scheiterten oder blieben liegen, theils wegen der Schwierigkeiten der Ausführung, theils wohl auch durch die Ueberzeugung, daß ein Verbindungsweg zwischen den Oceanen nur im Schutze eines durch
Weltgeschichte für Töchter. Iv. 16. Aufl. 19
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206
Neueste Geschichte. . 3. Periode. Frankreich.
lebte, wo ihren beiden Söhnen die sorgfältigste Erziehung zu Theil wurde. Sie ist 1858 in England gestorben.
Die neu eingerichtete provisorische Regierung wurde gleich nach ihrer Einsetzung genöthigt, die Republik als die künftige Staatsform Frankreichs förmlich zu verkündigen und nur mit Mühe gelang es Lamartine, die Aufrichtung der rothen Blutfahne, als Banners der neuen demokratischen Republik, zu verhindern. Die künftige Verfaffnng sollte durch eine für den Mai angesetzte N a-tionalversammlung, deren Berufung durch die freieste Volkswahl in unbeschränkten Urwahlen erfolgen sollte, festgestellt werden. Aber schon vorher mußte man der Arbeiterbevölkerung, welche die Revolution vorzugsweise durchgesetzt hatte, Befriedigung zu verschaffen suchen: es wurde deshalb ein Arbeiter (Albert) mit in die provisorische Regierung berufen; ferner aber richtete Louis Blanc die -sogenannten Nationalwerkstätten ein, welche nach seinem System die bisherigen Privatwerkstätten ersetzen und deren ganzes Verdienst den Arbeitern selbst zufallen sollte. Außerdem wurde ein großes Arbeiterparlament im Palast des Luxembourg eingerichtet. Während hier aber die fruchtlosesten Verhandlungen über die sogenannte Organisation der Arbeit stattfanden, verzehrten die Nationalwerkstätten ohne allen Nutzen Millionen, indem unzählige Arbeiter eine tägliche Besoldung von wenigstens. 2 Francs erhielten, ohne dafür zu arbeiten. Da diese Einrichtung die Lasten des Staats ins Unglaubliche vermehrte, so löste die im Mai zusammengetretene Nationalversammlung die Nationalwerkstätten auf, worüber unter den Arbeitern, welche in Folge des allgemeinen Stockens des Verkehrs zum Theil brotlos geworden waren, im Juni ein neuer gewaltiger Aufstand ausbrach. Dieselben erhoben nun die rothe Fahne und versuchten, die demokratische „rothe Republik", bei welcher es auf eine Aenderung der ganzen rechtlichen Besitzverhältnisse, aus eine andere Theilung des Eigenthums abgesehen war, durch einen fürchterlichen grauenvollen Kampf zur Herrschaft zu bringen. „Als Sieger plündern wir, als Besiegte brennen nur!" war das Losungswort eines Theils jener Insurgenten, welche durch den feigen Meuchelmord des zum Frieden ermahnenden Erzbischofs von Paris und durch abscheuliche Greuelthaten ihre Verworfenheit bekundeten. Da ernannte die Nationalversammlung den General Cavaignac, selbst Republikaner, aber zugleich einen entschiedenen Freund der Ordnung und einen Mann von eben so großer Energie als Talent, zum Haupt der Regierung mit dilatorischer Gewalt.
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Extrahierte Personennamen: Louis_Blanc Cavaignac
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich England Frankreichs Luxembourg Paris
302
Neueste Geschichte. 3. Periode.
Verluste verband sich nun vielfach das bittere Gefühl der Beschämung über die handgreiflichen Täuschungen, welchen man erlegen war, so daß man die ganze, plötzlich in Fluß gerathene, finanzielle und commercielle Bewegung in Bausch und Bogen mit dem Verdammungswort: Schwindel! zu bezeichnen geneigt war.
Indeß verwechselte man Symptom und inneres Wesen. Der plötzliche Ausbruch des hier erwähnten Speculationsfiebers war eben nur eine vereinzelte Aeußerung der allgemeinen Culturbewegung, welche, in ihrer Vereinzelung aufgefaßt, mißzuverstehen war, in ihrem Zusammenhange mit andern nicht minder charakteristischen Momenten aber doch auf einen entschieden humanen Drang unseres Jahrhunderts hinwies.
Von zwei mächtigen Gedanken wurde die Zeit zu einer ununterbrochenen energischen Thätigkeit angespornt; von dem Gedanken, daß die Gaben und Güter der Welt allen zugänglich zu machen seien, und von dem andern, daß das materielle Interesse alle Welt in eine Verbürgung der Gemeinsamkeit des Thuns und Leideys verwickeln müsse.
Aus solchen Gedanken gingen die Anregungen und dann auch die Ausführung großartiger Unternehmungen hervor, welche zunächst allerdings nur dem Aufschwungs der Industrie und des Handels zu dienen schienen, in ihren Nebenwirkungen aber auch den geistigen Verkehr förderten und überhaupt die Völker näher unter einander verbanden. In England zuerst wurde die Idee der Weltausstellungen verwirklicht. Aus allen Welttheilen, zum größten Theile natürlich aus den Staaten Europas, wurden die Erzeugnisse der Gewerbthätigkeit zusammengebracht und in einem weitläufigen, aus Eisen und Glas errichteten Gebäude ausgestellt (Glaspalast), 1851. Vier Jahre darauf folgte Frankreich nach und veranstaltete eine Weltausstellung in Paris.*) Zahlreiche kleinere Ausstellungen schlossen sich in den folgenden Jahren an. . Von dem Durchstiche der Landenge von Suez ist in den Abschnitten 147 und 157 weiter die Rede. Immer näher an einander sich schließende Netze von Eisenbahnen umstricken Europa, große Theile von Amerika und auch einige Länder Asiens. Endlich ist auch die Telegraphie am Ufer des Meeres nicht stehen geblieben. Nicht
*) 1862 hat in London wiederum eine internationale Ausstellung stattgefunden, 1873 in Wien, 1876 in Philadelphia, 1878 wiederum in Paris.
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398
Neueste Geschichte. 3. Periode.
rung und Durchführung namentlich ein Verdienst Napoleon Iii. ist, was ihm immerdar zur Ehre gereichen wird. Denn von England fehlte nicht allein die Mitwirkung, sondern seine Handelseifersucht bemühte sich sogar, das Unternehmen zu erschweren oder gar zu vereiteln. Der Bau des Kanals war 1854 angefangen und jetzt soweit vollendet, daß es möglich war, die Einweihung auf den 16. November festzusetzen.*) Im Juni hatte der Viceköuig (Khe-dive) von Aegypten, Ismail Pascha, ein Enkel von Mehemed Ali, persönlich an den Höfen von Wien, Berlin, Paris und London zu den Feierlichkeiten der Eröffnung eingeladen. Dieser Einladung folgten die Kaiserin Eugenie von Frankreich, der Kaiser von Oestreich, der Kronprinz von Preußen, der zweite Sohn des Königs von Italien, mehrere andre Fürsten und eine bedeutende Anzahl politischer und wissenschaftlicher Notabilitäten. Die Kaiserin und die Fürsten begaben sich zunächst nach Eonstantinopel, wo ihnen der Sultan einen prächtigen und würdevollen Empfang bereitete. Von hier aus reiste der Kronprinz von Preußen nach Athen und dann nach Jerusalem. Der Sultan hatte der Krone Preußen einen beträchtlichen Theil des früheren Besitzthums der Johanniter in Jerusalem übergeben. Von dieser Schenkung vollzog der Kronprinz am 7. November die Besitzergreifung unter lebhafter Betheiligung der dortigen Deutschen, welche die auf dem alten Gemäuer aufgepflanzte preußische Fahne mit Begeisterung begrüßten. Auf dieser Stätte soll sich der Bau einer vom Johanniterorden zu errichtenden deutsch-evangelischen Kirche erheben. Auch der Kaiser
*) Der Suezkanal hat eine Länge von 21meilen, er ist 8 Meter tief, oben 100 und am Grunde 22 Meter breit. Da diese Maße nur für ein Schiff hinreichen, so sind für das Voruberpassiren einander entgegenkommender Schiffe mehrere Ausweichungen angelegt. Die Kosten des Baues beliefen sich auf 400 Millionen Franken und darüber. Unter den Schwierigkeiten der Bauausführung war nicht die geringste die Beschaffung der Lebensmittel und namentlich des Trinkwassers für die Arbeiter. Es mußte dazu ein eigener Kanal aus dem Nil herangeleitet werden. Die bisherige Benutzung hat den guten Zustand des Kanals bewiesen; es sind Schiffe mit. 23 Fuß' Tiefgang ohne Schwierigkeit passirt. Es sind im Jahre 1870 486 Schiffe durch den Kanal gegangen, 1871 765 Schiffe, im ersten Halbjahr 1872 stieg die Zahl schon auf 887. Der Verkehr mit Dampfern nimmt einen großartigen Aufschwung, für Segelschiffe macht die Beschaffenheit des rothen Meeres die Schifffahrt schwierig. Wie sehr sich Weg und Zeit durch die Benutzung des Kanals verkürzen, zeigt folgendes Beispiel. Ein Schiff, welches Glasgow am 30. März verließ, lief am 22. Mai in Schanghai ein, hatte also die Fahrt von Hafen zu Hafen in 58 Tagen vollendet, von denen es nur 45 Tage unter Dampf gewesen war.
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Extrahierte Ortsnamen: England Wien Berlin Paris London Italien Eonstantinopel Athen Jerusalem Jerusalem Glasgow Schanghai
1866 bis 1870. Die Pacific-Eisenbahn.
399
von Oestreich kam und besuchte die heiligen Stätten. Am 16.
November waren alle Gäste in Port Said, der am Mittelmeer gelegenen Einfahrt in den Kanal, versammelt; auch der alte Emir Abdel Kader war erschienen. Die Ceremonie der Einsegnung
wurde durch den katholischen Bischof von Alexandria in französischer und arabischer Sprache vollzogen, dann setzte sich der Festzug der Schiffe nach Süden hm in Bewegung, voran der Vicekönig, der alles gethan hatte, um durch die Pracht und Anmuth der festlichen Veranstaltungen den Glanz dieser Eröffnungsfeier zu erhöhen. In Jsmailia, der Mittelstation der Kanalstrecke, fand ein großes Ballfest statt; am dritten Tage gelangte man nach Suez. Bald aber nach der Vollendung dieser Festlichkeiten entstand eine Differenz zwischen dem Sultan und dem Khedive, indem der erstere
gegen das Gelüste einer neuen Pharaonenherrschast entschieden auftrat und die erneute Anerkennung seiner Oberherrlichkeit forderte. Ismail Pascha mußte sich entschließen nachzugeben und reiste im Januar 1870 selbst nach Constantinopel, um alle Streitigkeiten beizulegen.
Im Jahre 1869 war noch ein andres großartiges Unter-
nehmen für die Verbindung entlegener Erdgebiete vollendet worden, die Pacific-Eisenbahn zwischen der atlantischen Westküste und der Oftküste des stillen (friedlichen, pacific) Oceans. 1862 war der Plan zu diesem Schienenwege in der Weise festgestellt worden, daß die Ausführung von zwei Gesellschaften übernommen und von
beiden Endpuncten aus begonnen werden sollte. Die Eentral-Pacific-Compagnie fing 1863 von Sacramento in Californien an östlich zu bauen. Ihre Linie überstieg die Sierra Nevada in einer
Höhe von 7300 Fuß; das Durcharbeiten der Tunnels durch die
Granitfelsen kostete viel Zeit und Mühe. Die größte Zahl der Arbeiter waren Chinesen. Zwei Jahre später begann die Union-Pacific - Compagnie ihre Arbeiten von Omaha am Missouri aus, im Staate Nebraska. Deutsche und Irländer waren es, die hier mit Axt, Schaufel und Hacke in die Wildniß vordrangen. Diese Bahn vollbrachte die Uebersteiguug des Felsengebirges in der Höhe von 8200 Fuß. Auf beiden Seiten waren unerhörte Schwierigkeiten zu überwinden. Es kostete die größten Anstrengungen und die muthigste Ausdauer, in dieser Urwildniß das zahlreiche Material herbei zu schaffen und fortzubringen, dem Mangel an Wasser und an Feuerungsmaterial für die Locomotiven zu begegnen, die Schneestürme des Winters auszuhalten und die nicht seltenen An-
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400
Neueste Geschichte. 3. Periode.
griffe feindlicher Indianer zurückzuweisen. In solchen Gegenden waren die Arbeiter mit der Büchse und dem Fernrohr bewaffnet. Trotz dieser Hindernisse kamen die Baulinien unaufhaltsam einander näher, die Leistungen stiegen, je weiter man zur Vollendung vorrückte, zu einem wahren Wetteifer, und am 10. Mai 1869 erreichten beide Bahnstrecken ihren Vereinigungspunkt. Er lag unfern des großen Salzsees, nördlich von der schimmernden Wasserfläche. Die Directoren und die Präsidenten beider Bahnen und mehrere tausend Zuschauer hatten sich zur Feier des Zusammenschlusses eingefunden; mit einem silbernen Hammer wurde die letzte Schiene mit gotimen und silbernen Nägeln befestigt. Im Moment dieser Vollendung trug der Telegraph die Nachricht davon nach San Francisco, wie nach New-Jork, Chicago, Boston, New-Orleans, und in allen diesen Städten wurde das Ereigniß auf erhebende Weise gefeiert. Die Wichtigkeit desselben berührt aber nicht den Osten und Westen des nordamerikanischen Continents allein, auch Europa und das östliche Asien sind durch diesen großartigen Schienenweg aufs neue einander näher gerückt worden. —
158. Das ökumenische Concil in Rom und das Ende des Kirchenstaates.
Völlig verschieden von der lebensvollen Frische der Bestrebungen und Arbeiten, auf welche wir so eben unsern Blick gelenkt hatten, ist diejenige Partei unserer Zeitgeschichte, zu welcher wir in diesem Abschnitte gelangen. Das ökumenische Concil in Rom und die durch dasselbe festgestellte Unfehlbarkeit des Papstes sollten ihrer Natur nach im höchsten Sinne dem idealen Gebiete angehören, sie find aber in ihrer geschichtlichen Erscheinung ganz und gar hinter dem Idealen zurückgeblieben, denn das Ziel überstieg nicht nur die der menschlichen Natur bestimmte Grenze, sondern auch diejenige, welche die geordneten Gewalten der Erde und die ehrwürdigen Errungenschaften der Menschheit gestatten dürfen.
Ob die höchste Autorität in Glaubenssachen, die Unfehlbarkeit der kirchlichen Lehre, den Entscheidungen der allgemeinen Kirchenversammlungen, oder den Aussprüchen des Papstes in Rom beiwohne, war eine bisher noch nicht zur Entscheidung gekommene Frage. Papst Pins Ix. hegte den Gedanken, diese Lücke in der Kirchenverfassung durch ein Dogma zu schließen. Er liebte es, große Versammlungen von Bischöfen und Klerikern um sich zu
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Begebenheiten in den Jahren 1871 bis 1878.
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sondern auch erfreuliche Kundgebungen, wie gern sich die Glieder des Reiches um ihren Herrscher zusammenschlossen.
Hinter diesem milden Glanze des von Sieg und Ruhm und dankbarer Liebe beglückten, greisen Heldenkaisers lauerte aber doch auch der Unbestand des Schicksals, und er mußte bittre Trübungen seines Glückes erdulden. Am 11. Mai 1878 kehrte der Kaiser von einer seiner gewohnten Spazierfahrten in Begleitung seiner Tochter, der Großherzogin von Baden, in sein Palais zurück; da wurden unter den Linden, mitten aus der Menge, mehrere Revolverschüsse auf ihn abgefeuert. Der Kaiser blieb unverletzt. Ein ganz heruntergekommener Mensch, ehemaliger Klempnergesell, Namens Hödel, hatte die That verübt. Er wurde sofort ergriffen. Die Kunde von diesem nichtswürdigen Verbrechen machte einen schrecklichen Eindruck. Jedermann fühlte sich von Scham und Zorn ergriffen, daß im deutschen Volke ein solches Uebermaß von verruchter Frechheit vorhanden sein konnte. Die Verhöre ergaben, daß Hödel sein Gewerbe nicht mehr betrieb, sondern socialistischen Bestrebungen sich zugewendet hatte. Er war jedoch ohne Mitschuldige. Noch bei seiner Hinrichtung verharrte er in seinem abgestumpften Wesen.
Man fühlte allgemein einen Zusammenhang dieses Verbrechens mit den seit einiger Zeit stärker hervorgetretenen socialistischen Umtrieben. Der Socialismus der neueren Zeit war von England und Frankreich ausgegangen. Diese Lehre verfolgte planmäßig die Zerrüttung und den Umsturz alles Bestehenden. Der Staat, die Kirche und die Religion, die Familie und das Eigenthum sollten abgeschafft und durch völlig neue Einrichtungen ersetzt werden. Längere Zeit reichte der Socialismus, abgesehen von einigen Versuchen, praktische Erfolge zu gewinnen, über eine theoretische Existenz nicht hinaus. Laffalle hatte in den ersten Jahren nach 1860 in Deutschland den socialdemokratischen Theorien praktische Mittel und Ziele gegeben, indem er jene Lehren unter die Arbeiter verbreitete. Volksverfiihrer dieser Art haben mit ihren Aufreizungen und verlockenden Verheißungen immer raschen Beifall bei der begehrlichen und leichtgläubigen Menge gefunden. Bald gehörten Hunderttausende in Deutschland dieser Partei an; ihre Vereine waren in allen Theilen des Reiches verbreitet. Die Gefahr, welche alle Lebensverhältnisse bedrohte, wurde immer größer. Die Reichsregierung beschloß, ihr mit der Kraft des Gesetzes entgegen zu treten.
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Extrahierte Personennamen: Namens_Hödel
Extrahierte Ortsnamen: Baden England Frankreich Deutschland Deutschland
138
Neueste Geschichte. 2. Periode. Griechenland.
Stande, in welchem die Amerikaner auch ihre Mitwirkung zur Aufhebung des Sklavenhandels zusagen mußten. So stand denn England unter den Mächten Europas vorzugsweise geachtet und angesehen da, und auch die innere Verfassung des Landes, welche neben den größten bürgerlichen Freiheiten eine große Festigkeit des Throns verbürgte, war der Gegenstand allgemeiner Bewunderung. Freilich aber war auch in England manches, was den Blick in die Zukunft mit Besorgniß erfüllen mußte; besonders ist in dieser Beziehung die traurige Lage Irlands zu erwähnen. Die dortige rohe und dem Katholicismus eifrig ergebene Bevölkerung nährte seit alter Zeit einen unaustilgbaren Haß gegen die Engländer, welche sie fast alles Grund und Bodens beraubt haben und deren protestantische Kirche in Irland reiches Besitzthum hat, während die katholische Kirche sich in bitterer Armuth befindet. Vergeblich versuchten die Engländer, den Haß des unterworfenen Volks, welches von den Franzosen bei jeder Gelegenheit noch heimlich aufgereizt wurde, zu versöhnen; nur in geringem Grade gelang dies durch die sogenannte Emancipationsacte, durch welche den Irländern, wie allen Katholiken, der bis dahin verweigerte Zutritt zum englischen Parlament gestattet wurde. Nicht geringe Besorgnisse erregte bei den englischen Staatsmännern auch die immer zunehmende Verarmung eines Theils des englischen Volks. Trotz der großen Handelsvortheile, welche England über alle Nationen errang und durch welche sich die Kaufmannswelt und die großen Fabrikanten auf beispiellose Weise bereicherten, sank der Mittelstand und der Handwerkerstand durch die Vermehrung der Maschinenthätigkeit in immer größeres Elend, und schon im Jahre 1819 mußte die Regierung Aufstände, welche die armen Arbeiter (Proletarier) erregten, mit Gewalt unterdrücken. Dieselben wiederholten sich jedoch auch später. Der König Georg Iv. erfreute sich nicht eben großer Gunst bei dem englischen Volk; die Achtung vor ihm-sank besonders durch einen scandalösen Ehescheidungsproceß gegen seine Gattin Karoline von Braunschweig, welche zwar durch ihre leichtfertigen Sitten viel Anstoß erregt hatte, aber doch eine gewisse Theilnahme beim Volke genoß. Georg lebte zuletzt in großer Zurückgezogenheit und war ganz menschenscheu geworden. Seine einzige Tochter, die liebenswürdige, geistreiche und allgemein verehrte Prinzeß Charlotte, war an den Herzog Leopold von Coburg (späterhin König der Belgier) verheirathet; da sie aber jung und ohne Kinder starb, so folgte dem Georg sein Bruder Wilhelmiv.
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